Konrad Dittrich: Blick in die Geschichte

Lübeck wuchs im 19. Jahrhundert über die alten Stadtgrenzen hinaus. Die Vorstädte St. Gertrud, St. Jürgen und St. Lorenz entstanden. Vor dem Holstentor, in der Vorstadt St. Lorenz, lebten um 1870 rund 3.000 Menschen. 1882 waren es bereits 8.000, 1895 17.000.


 

Kirchlich wurden die Bewohner "vor dem Holstentor" von der kleinen Lorenzkirche auf dem 1597 eingerichteten Pestfriedhof versorgt, die 1664 fertiggestellt worden war und 1669 mit Lukas Stolterfoht ihren ersten eigenen Pastor erhalten hatte. Da dieses Kirchlein bei weitem nicht ausreichte, dazu die Wege durch immer neue Wohnstraßen sehr weit geworden waren, beschloß die Synode auf Antrag des Kirchenrates am 10. Dezember 1895, das Gebiet zu teilen und sowohl für St. Lorenz als auch für die neue Tochtergemeinde je eine Kirche zu bauen. Die neu zu gründende Gemeinde sollte den Namen St. Matthäi erhalten und die Gebiete zu beiden Seiten der Schwartauer Allee einschließlich der Teerhofinsel umfassen. 1895 lebten hier etwa 4.200 Menschen.
Der im Mai 1896 gebildete erste Kirchenvorstand beschloß am 1. Juli, einen eigenen Pastor zu berufen. Die Stelle wurde ausgeschrieben. Obwohl weder Pastorat noch Kirche oder Gemeinderäume vorhanden waren, meldeten sich 15 Bewerber, darunter fünf aus Lübeck.
Nach mehreren Vorstellungspredigten fand am 28. September die Wahl unter den drei aussichtsreichsten Kandidaten statt. Der Kirchenvorstand wählte mit elf von 15 Stimmen den jüngsten der Bewerber, den 27 Jahre alten Pastor Alfred Haensel, der an der Kieler St. Ansgar-Kirche tätig war. Pastor Haensel wurde bereits vier Wochen später, am 25. Oktober 1896, von Senior Ranke in sein Amt eingeführt.
Der neue Pastor und sein Vorstand waren sich einig: Eine neue Gemeinde brauchte eigene Räume, brauchte auch ein Gotteshaus. So wurde das Angebot der "Mutter", die kleine Lorenzkirche am Steinrader Weg als Gottesdienststätte mitzubenutzen, ausgeschlagen.
Bedingung war nämlich, daß dies nur zu Zeiten geschehen konnte, wo St. Lorenz die Kirche nicht selber brauchte. Zu den üblichen Gottesdienstzeiten aber wurde St. Lorenz benötigt.
Pastor Haensel fand in seinem Gemeindegebiet eine Schule, die damalige dritte St. Lorenz-Schule an der Schwartauer Allee, die zentral lag und über eine große Turnhalle verfügte. Die Schulbehörde der Stadt stellte die Turnhalle für Gottesdienste zur Verfügung.
In aller Eile wurden Stühle besorgt sowie ein Altar und ein Kanzelpult. Ende November war alles beisammen, so daß zum Beginn des neuen Kirchenjahres am 1. Advent 1896 der erste Gottesdienst der St. Matthäi-Gemeinde gefeiert werden konnte. Haensel hat dieses Datum deshalb immer als den eigentlichen Geburtstag der Matthäigemeinde bezeichnet. An jenem 1. Advent fand auch bereits der erste Kindergottesdienst statt, ein vor einhundert Jahren nicht besonders übliches kirchliches Angebot. Es wurde in der Folgezeit zu einem "Markenzeichen" der St.-Matthäi-Gemeinde.
Die 150 Stühle reichten in diesen ersten Gottesdiensten oft nicht aus. Auch Turngeräte, Schwebebalken, Barren, Böcke, dienten als Sitzmöglichkeiten. Haensels erste Konfirmandengruppe bestand aus 21 Kindern. Im Laufe von 25 Jahren hat Haensel jedoch 4.200 Jungen und Mädchen eingesegnet. Bis 1902 nämlich war die Gemeinde auf 10.000 Seelen angewachsen. So schön es sein mochte, in der Turnhalle dicht beieinanderzusitzen und die Gemeinschaft förmlich zu spüren, so dringend wurde der Wunsch nach einer eigenen Kirche und eigenen Räumen empfunden. Konfirmandenunterricht und Bibelstunden mußten in der Gründerzeit der Gemeinde in einem Klassenraum gehalten werden. 1898 wurde der Bau einer Kirche beschlossen. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Kapitän Steffen, stellte sein Kapital, 6.000 Reichsmark, zur Verfügung. Aus der armen Arbeiterschaft konnte man keine großen Spenden erwarten. Nach Plänen des Hamburger Architekten H. Groothoff sollte an der Schwartauer Allee das Gotteshaus entstehen mit Gemeindesaal und Pfarrwohnung. Zur Grundsteinlegung am 12. Februar 1899 zog die Gemeinde aus der "Turnhallenkirche" zur Baugrube hinüber, mit Bürgermeister und Senior an der Spitze. Im gleichen Jahr wurde bei strahlendem Sonnenschein das Richtfest gefeiert, also am 5. August.
Geweiht wurde das Gotteshaus, das erste, das nach rund 250 Jahren in Lübeck gebaut worden war, am Sonntag Lätare des Jahres 1900. Er fiel in jenem Jahr auf den 25. März. Die Baukosten von rund 200.000 Mark stellte größtenteils die Synode zur Verfügung. Die Ausstattung blieb Sache der Gemeinde, die zum Beispiel zwei Jahre auf eine Orgel warten mußte. Die Matthäikirche entstand zeitgleich mit der neuen Lorenzkirche, die jedoch einige Monate später, am Sonntag Jubilate, 6. Mai 1900, geweiht wurde.

Der erste Pastor
Entscheidend geprägt wurde die junge Gemeinde durch ihren ersten Pastor. Alfred Haensel, von dem manche später sagten, er habe sich zu Tode gearbeitet - er starb mit 53 Jahren mitten aus dem Dienst an seiner Matthäigemeinde heraus -, gab der jungen Lübecker Gemeinde Merkmale mit, die man in der Arbeit bis heute finden kann, ein vom Pietismus und lebendiger, evangelistischer Verkündigung in Wort und Tat bestimmtes Gemeindeleben, an dem alle Generationen beteiligt sind. Haensel, der mit dem Fahrrad oder zu Fuß durch sein großes Gemeindegebiet eilte, schuf sich einen verläßlichen Helferkreis. Das war die Matthäi-Gemeinschaft, ein Kreis, der sich nicht um sich selbst drehte, sondern in den Dienst von Kirche und Gemeinde stellte. Viele Mitglieder der "Gemeinschaft" waren zum Beispiel in den Kindergottesdienst als Helfer einbezogen. Bis zu Tausend Kinder, auch aus Nachbargemeinden, sammelten sich dabei zum gemeinsamen Beginn und gingen dann in Gruppen auseinander. Die Kinder füllten buchstäblich alle Winkel von Kirche und Gemeindehaus, bis in den Turm oder in den Keller. Bei den Ausflügen des Kindergottesdienstes wurden in manchen Jahren 1.200 bis 1.300 Kinder auf dem Weg zum Riesebusch in Schwartau gezählt.
Auch die älteren Gemeindeglieder kamen an St. Matthäi nicht zu kurz. "Es ist edel, weißes Haar zu tragen", sagte Pastor Haensel in einer Zeit, wo manche den alten Menschen gelegentlich vorhielten, daß sie zum Arbeiten nicht mehr taugten. Haensel lud sie in Anlehnung an das eben zitierte Wort zu "Edelweiß-Nachmittagen" ins Gemeindehaus ein.
Zu vielen Evangelisationen wurde Pastor Haensel eingeladen. Umgekehrt lud er bekannte Redner und erweckliche Prediger zu besonderen Wochen in die Mattäikirche ein. In Lübeck gründete Haensel ferner den CVJM, den Christlichen Verein junger Männer, dem er in der Großen Burgstraße zudem zu einem eigenen Haus verhalf. Bis zu seinem Tod war er Vorsitzender des CVJM Lübeck. Seine Liebe zur Mission kam zum Beispiel darin zum Ausdruck, daß seine Kindergottesdienstgruppen buchstäblich Pfennig für Pfennig das Geld für drei Glocken aufbrachten, die in die Missionsgebiete der indischen Jeypurkirche und zur Bethelmission nach Afrika geschickt wurden.

Der zweite Pfarrbezirk
Pastor Haensel war sieben Jahre lang allein als Seelsorger in St. Matthäi tätig. Die ursprüngliche Zahl von 4.200 Gemeindegliedern war um die Jahrhundertwende ständig gestiegen. 1903 gehörten bereits 12.000 Menschen zur Matthäigemeinde. Das lag nicht nur am Zuzug von Bewohnern in neue Siedlungsgebiete. Es lag wesentlich daran, daß Gebiete jenseits des Flutgrabens von Rensefeld abgepfarrt und der Matthäigemeinde zugeschlagen worden waren. Dies betraf die Wohngebiete an der "oberen" Schwartauer Allee, Wilhelmshöhe, das Dorf Vorwerk und den Industrieraum Trems. Außerdem wurden nördlich der Brockesstraße neue Häuser bezogen. Haensel hatte zum Beispiel im Jahre 1903 zu Ostern 109 Jungen und 115 Mädchen, zusammen also 224 Kinder, konfirmiert.
Den eigentlichen Anstoß zu einer zweiten Pfarrstelle für St. Matthäi gaben allerdings nicht nur diese Arbeitsverhältnisse, sondern die Pastoren von St. Lorenz. Sie erklärten sich außerstande, "wegen der eigenen großen Arbeitslast im Behinderungsfalle den Geistlichen von St. Matthäi zu vertreten". Am 11. Februar 1903 beschloß deshalb der Kirchenvorstand von St. Matthäi, eine zweite Pfarrstelle einzurichten. Sie wurde mit Pastor Karl Arndt besetzt. Arndt wurde am Erntedanksonntag 1903, dem 4. Oktober, in sein Amt eingeführt.
In den Sitzungen des Kirchenvorstandes beschäftigte man sich 1903 intensiv mit der Frage der Zuordnung der beiden Pastoren zueinander. Die Mehrheit des Kirchenvorstandes wollte nach dem Vorbild der Innenstadtkirchen einen der beiden Geistlichen zum Hauptpastor ernennen. Die Synode lehnte das ab. Die Synodalen sprachen sich für die Gleichstellung der beiden Pastoren aus. Der Kirchenvorstand beugte sich dieser Entscheidung nicht, sondern stellte einen Antrag an den Senat, der damals die Oberaufsicht hatte, also quasi bischöfliche Funktion ausübte. Der Senat spielte den Ball zurück. "Aus formalen Gründen", so wurde dem Kirchenvorstand mitgeteilt, wolle der Senat nicht eingreifen und die Entscheidung nicht selber treffen. Da es sich jedoch um eine Angelegenheit der Regelung der Arbeit in der Gemeinde handele, halte er es für das Beste, wenn der Kirchenvorstand, und nicht die Synode, in diesem Fall entscheiden sollte. Der Vorstand beschloß daraufhin am 28. Juli 1903, daß Pastor Haensel zum Hauptpastor ernannt werden solle. Auch für die zweite Pfarrstelle an St. Matthäi gab es damals eine große Anzahl von Bewerbern. 17 Herren interessierten sich für die Stelle, darunter mehrere Lübecker Theologen, für die in der Innenstadt kein Platz frei war und die deshalb teilweise seit Jahren im Schuldienst tätig geworden waren. Karl Arndt war ein solcher gebürtiger Lübecker. Er wurde mit 14 von 16 Stimmen gewählt und wiederum von Senior Ranke in sein Amt eingeführt. Arndt blieb bis ans Ende seines Berufslebens Matthäipastor, 31 Jahre lang. Er wurde nach dem Tod von Alfred Haensel 1922 zum Hauptpastor ernannt. In seine letzten Amtsjahre fielen die Bemühungen der Gemeinde um die Errichtung eines dritten Pfarrbezirkes. Arndts Nachfolger, Pastor Martin Fischer-Hübner, betrieb dieses Ziel der dritten Pfarrstelle energisch weiter, da insbesondere in Vorwerk viele Menschen neu hinzugekommen waren, die den Weg zum Gottesdienstbesuch in der Schwartauer Allee scheuten. 1935 wurde für diesen dritten Pfarrbezirk der Saal einer ehemaligen Gastwirtschaft in der Bogenstraße 7 zum Gemeindezentrum umgewandelt. Aus dieser Arbeit erwuchs schließlich eine eigene Gemeinde, St. Markus, die 1953 selbständig wurde und schließlich ein Gotteshaus an der Ecke Triftstraße/Beim Drögenvorwerk erhielt. Bereits in den dreißiger Jahren hatte es allerdings Pläne zum Bau einer Kapelle gegeben, und zwar an der Ecke Schwartauer Allee/Triftstraße. Der Versuch scheiterte. Heute steht dort eine Tankstelle. 1946 wurde Pastor Roland Gross zum Seelsorger des dritten Pfarrbezirks von St. Matthäi berufen, zunächst als Hilfsgeistlicher, später als ordentlicher Pfarrer.

Acht wichtige Jahre: Hans Brandenburg
Wenn von prägenden Seelsorgern der Matthäigemeinde aus den ersten Jahrzehnten die Rede ist, darf der Nachfolger Haensels nicht vergessen werden: Pastor Hans Brandenburg. Brandenburg stammt aus Riga, das in seinem Geburtsjahr 1895 noch zum russischen Zarenreich gehörte. Er hat deshalb russisches Abitur machen müssen, obwohl in seinem Elternhaus Deutsch gesprochen wurde. Brandenburg hat kaum je "normal studiert". In Berlin lernte er die Stadtmission kennen, ging mit ihren Mitarbeitern auf Mitternachtseinsatz, fand dabei zum lebendigen Christusglauben. Während der Studienzeit in Bethel schlief er neben dem Krankensaal, übernahm dabei gleichzeitig die Nachtwache. In Bielefeld leitete er den CVJM, da die Sekretäre "an der Front standen". Auch während des Studiums in Tübingen mußte er bereits in Gemeinden einspringen. Praktische Theologie habe er nicht gelernt, sondern gleich erprobt, sagte er später einmal. An St. Matthäi radelte er ab 1922 unermüdlich durch seine Arbeitergemeinde. Die Menschen waren nicht selten so arm, daß sie sich für Taufen oder Trauungen keine gute Kleidung kaufen konnten. Brandenburg ging deshalb zu solchen Gelegenheiten in die Häuser. An manchem Sonntag taufte er mehrere Kinder in den Wohnungen. "Wo das Wort Gottes gepredigt wird, da ist Gottes Haus", lautete seine theologische Begründung. Brandenburg übernahm von seinem Vorgänger die Idee der "Matthäi-Gemeinschaft", die er pflegte und ausbaute. Er hielt verstärkt Bibelarbeiten, regte die Bildung von Hauskreisen an. Mit rund 30 Ehrenamtlichen betreute er den Kindergottesdienst. Noch immer kamen rund 1.000 Kinder sonntags in die Kirche.
Treueste Mitarbeiterin und beste Kritikerin, so sagte Hans Brandenburg, war seine Frau. Sie erklärte ihm sonntags manchmal beim Mittagessen: "Du solltest wieder mehr Hausbesuche machen, die heutige Predigt war kein Gespräch mit der Gemeinde, sondern ist am Schreibtisch entstanden."
In die Wirkungszeit von Hans Brandenburg fällt der Beginn des Kapitels Westhoffstraße 80 beziehungsweise des Jugendheimes. Zwei Schwestern hatten der Matthäi-Gemeinschaft am Marquardplatz ein Grundstück geschenkt. Es wurde gegen ein anderes am Ende der Westhoffstraße getauscht. Mit unglaublich großer Opferbereitschaft wurde der erste Bauabschnitt für Zwecke der Jugendarbeit finanziert. Groschen für Groschen wurde durch den Verkauf sogenannter Bausteine das Geld zusammengetragen. Oft schimpfte der Baumeister, weil er am Ende der Woche die Löhne nicht auszahlen konnte. Trotzdem wurde der erste Teil des Baues vollendet. Mit dem Dienstantritt des ersten Diakons, Ernst Stracke, begann im April 1929 die große Zeit des Hauses Westhoffstraße 80 als Jugendheim. Wenn sich die Jungscharen von St. Matthäi und St. Lorenz zum "Jungscharting" versammelten, reichten Stühle und Bänke nicht aus. Am Sonntag stand das Haus offen für alle. Nicht nur die Jungen kamen zusammen. Magda Hennings leitete Mädchenkreise. 1933 begann für die kirchliche Jugendarbeit eine schwere Zeit. Die Jugendverbände wurden gleichgeschaltet, ganze Gruppen in die Hitlerjugend überführt. Um das Haus vor der Beschlagnahme durch die Staatsjugend zu schützen, wurden vom Namen "Jugendheim" die goldenen Buchstaben des Wortes "Jugend" abgenommen und durch "Matthäi" ersetzt. Als "Matthäiheim" blieb es im Eigentum der Matthäi-Gemeinschaft, wurde zum Treffpunkt der "Bekennenden Kirche". Als Pastor Fölsch zusammen mit acht anderen Lübekker Pastoren wegen seiner kritischen Haltung gegenüber den nazitreuen Deutschen Christen zum 1. Januar 1937 unter Hausarrest gestellt wurde, konnte er erreichen, daß Pastoren aus dem Umland in die Westhoffstraße kamen, um Gottesdienste, Kindergottesdienste und Bibelstunden zu halten. 1939 wurde Fölsch zum Kriegsdienst einberufen. Er arbeitete nach Kriegsende wieder in seiner Gemeinde, starb 1951 durch einen Unfall. Hans Brandenburg ging 1930 zur Berliner Stadtmission. Zu mehreren Gelegenheiten, etwa einem Jubiläum, kam er jedoch immer wieder nach Lübeck, um Bibelstunden, Ansprachen oder Predigten zu halten. Das Matthäiheim wurde mit Kriegsbeginn beschlagnahmt. Mehrere Jahre diente es als Bezugsscheinamt. Oft bildeten sich lange Schlangen vor dem Gebäude, wenn die Menschen nach Bezugsscheinen anstanden, die sie brauchten, um die knapp gewordenen Lebensmittel, um Kleidung oder Schuhe zu bekommen. In einigen Nebenräumen fanden abends trotzdem Gemeindeveranstaltungen statt, zum Beispiel Jugendtreffen unter dem Dachboden.
Nach dem Kriege erhielt die Matthäi-Gemeinschaft das Gebäude nicht gleich zurück. Da überall Raumnot herrschte, wurde hier die kaufmännische Berufsschule untergebracht, schließlich hatte St. Matthäi zu Beginn seiner Geschichte das Recht in einer Schule genossen. Jetzt war die Gemeinde zum Gastgeber geworden. Das geschah jedoch nicht ohne Bezug zur kirchlichen Arbeit. In den fünfziger Jahren fanden in der Westhoffstraße die ersten Religionsgespräche unter Berufsschülern statt.
Als die Berufsschule Neubauten in der Innenstadt beziehen konnte, erhielt die Gemeinde das Haus zurück. Es wurde, nun im Gemeindeeigentum, Mittelpunkt des dritten Pfarrbezirks, zum Beispiel durch den Einbau eines Pastorates, in das Elisabeth Haseloff einzog.
In den Jahren 1989 bis 1993 ist dieses Gebäude, das jetzige Gemeindehaus, gründlich erweitert und umgebaut worden. Durch seine lange Baugeschichte mit mancherlei An- und Einbauten war die Raumaufteilung so unübersichtlich, daß Fremde sich verirrten oder den betreffenden Gemeinderaum gar nicht fanden. Das alles ist jetzt behoben. Das Gebäude ist ein schöner Treffpunkt für die Gemeinde mit ihren vielen Gruppen und ihrer großen Arbeit.
Auch die Matthäikirche an der Schwartauer Allee hat in der Bombennacht von Palmsonntag 1942 schwere Beschädigungen erlitten. Unter anderem wurden die Fenster zerstört, darunter die beiden Kanzelfenster, die Christus als Sämann und als Guten Hirten zeigten. Diese Fenster waren Anfang unseres Jahrhunderts gestiftet worden, sie sind 1946 wiederhergestellt worden, als Geschenk zum 50. Jahrestag der Gemeindegründung.

Edelweissfeier (Seniorenfest) 1921

Edelweißfeier (Seniorenfest) 1921